Der Viersener Polizei-Hauptkommissar Heiko Lammertz hat im Südsudan den Bau eines Kinderschutzhauses initiiert: Ein Hoffnungsschimmer für den Frieden

Der Viersener Polizei-Hauptkommissar Heiko Lammertz hat im Südsudan den Bau eines Kinderschutzhauses initiiert : Ein Hoffnungsschimmer für den Frieden

Seit einigen Monaten ist der Viersener Polizei-Hauptkommissar Heiko Lammertz im Rahmen einer UN-Mission im Südsudan - einem der ärmsten und gefährlichsten Länder der Erde. In dem schwarzafrikanischen Land arbeitet er als Peacekeeper für die Vereinten Nationen, in seinen wenigen freien Stunden hat er den Bau eines Kinderschutzhaus initiiert (der Extra-Tipp berichtete).

Jetzt ist es fast fertig. Extra-Tipp-Redakteurt Daniel Uebber hat mit ihm gesprochen.

 So sieht das Schutzhaus im Südsudan aus.
So sieht das Schutzhaus im Südsudan aus.

Herr Lammertz, seit unserem letzten Gespräch sind einige Wochen ins Land gezogen. Wie geht es Ihnen ganz aktuell im Südsudan?

Lammertz:

„Aufgrund von Personalkürzungen bin ich mittlerweile im Bereich Community Policing alleine für den ganzen Staat Northern Bahr el Ghazal zustädig. Das ist viel Arbeit. Da es in manchen Provinzen keinerlei Telefon- oder Funkanbindung gibt, muss ich viel reisen. Das ist aufgrund fehlender Straßen sehr anstrengend und langwierig. Offroadfans kommen hier auf ihre Kosten.“

Wie sieht Ihre Arbeit denn konkret aus?

„Ich organisiere Treffen der Dorfrepräsentanten, insbesondere der Frauen, und der örtlichen Polizei. Das Ziel ist es, beide als Gemeinschaft zusammenzubringen. So kläre ich vor allem die Bürger auf, welche Rechte sie gegenüber der Polizei haben und wie man sich als Dorf organisieren kann. Alles im Hinblick auf die Wahrung der Menschenrechte.“

Sie sind mittlerweile schon länger im Südsudan. Wie fühlen Sie sich von den Menschen dort aufgenommen?

„Für die Menschen gilt unsere Präsenz als Hoffnungszeichen für Frieden. Northern Bahr El Ghazal hat sich an dem aktuellen Konflikt nicht beteiligt. Der Grund ist, dass man hier im Bürgerkrieg zu sehr gelitten hat und man keinen Krieg mehr will.“

Neben Ihrer ’normalen’ Arbeit haben Sie mit dem Verein ’Lachen Helfen’ den Bau eines Kinderschutzhauses initiiert. Wie sieht hier der aktuelle Stand aus?

Das Kinderschutzhaus ist fast fertig. Dank der vielen Spenden aus dem Kreis Viersen ist der Traum von einem Heim für hilflose Kinder wahr geworden. Es fehlt nur noch die Verandabefestigung. Da warten wir noch auf Zement. Mitte November können wir von den Spenden gute Betten, Möbel und einen Generator kaufen. Hinzu haben wir noch eine große Summe bekommen, um eine vernünftige Latrine bauen zu können.

Wenn diese fertig ist, übergeben wir das Haus im Namen aller Spender den Verantwortlichen und ganz wichtig den Kindern. Man ist hier so glücklich über die Hilfe aus Deutschland, dass man es in einer Zeremonie feiern wird. Auch das hier seltene südsudanesische Fernsehen wird dabei sein.“

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Für welche Kinder ist das Haus denn gedacht?

„Für Kinder, die keine Zukunft haben. Angefangen hat alles mit einem kleinen achtjährigen Jungen. Er saß an einer Polizeistation, war völlig apathisch und traumatisiert. Sein Vater war gestorben und die Mutter verrückt geworden. Der Kleine war nunmehr alleine für sein Leben verantwortlich. Ein Junge im Alter meines jüngsten Sohnes, das war für mich nicht zu verstehen und machte mich sehr betroffen. Der örtliche Kollege sagte dann, dass er ihm nicht helfen könne, da es keine Möglichkeiten gebe. Mein Kollege Ulrich Kruse aus Bremen und ich haben dann sofort beschlossen, etwas tun zu wollen und unsere Zeit hier trotz dienstlicher Auslastung sinnvoll zu nutzen.

Im Kinderschutzhaus sollen auch Kinder untergebracht werden, die Gewalt in der Familie erlebt haben, insbesondere Mädchen nach sexueller Gewalt.

Gerade für sie gab es hier kein Hilfsangebot. Entweder landeten sie auf der Straße oder mussten wieder zu ihren Familien.“

Sicher ist es schwer mit anzusehen, dass man trotzdem nicht allen Kindern helfen kann?

„Sicherlich ist das Haus nicht groß genug, um alle Kinder, die es nötig hätten, aufzufangen. Aber es ist ja auch als Anfang gedacht, in der Hoffnung, dass auf dem großen Gelände weitere Häuser gebaut werden, finanziert von anderen Hilfsorganisationen.“

Ein ganz anderes Thema betrifft die Krankheit Ebola. Wie gehen die Menschen im Südsudan damit um?

„Ebola ist natürlich ein großes Thema, zumal viele UN-Mitarbeiter aus den betroffenen Staaten in Westafrika kommen. Die meisten meiner Kollegen kommen aus Afrika. Bei Ankunft im Land wird wird man befragt und die Temperatur wird gemessen. Kollegen aus Westafrika sollen möglichst nicht in ihre Länder reisen. Die UN klärt nahezu täglich auf. Die Bevölkerung des Südsudan wurde von der Regierung aufgefordert, auf das Händeschütteln zu verzichten. Aber das ist fast unmöglich, da es zwingend zur Kultur gehört.“

Wie geht es für Sie persönlich weiter? Sind Sie Weihnachten wieder zu Hause?

„Im Dezember, dann war ich fast 13 Wochen am Stück hie, geht es auf Heimaturlaub. Ich freue ich mich natürlich wahnsinnig auf meine Frau, meine beiden tollen Jungs und meinen Hund. Ich freue mich auf Kälte, denn hier ist es fast nie kälter als 40 Grad) und Weihnachtsmärkte und Lebkuchen. Ich freue mich auf Weihnachten. Aber an unserem Tisch werden in meinen Gedanken auch viele dieser Kindergesichter sitzen, Kinder die so was in ihrem Leben nie erleben werden. Und es sind wirklich so wunderbare Kinder, die trotz größter Not immer noch ein Lächeln schenken.“

(Report Anzeigenblatt)