Zwischen Zucchini und roter Grütze

Gesund zu kochen macht Spaß und ist gar nicht so schwer. Aus diesem Grund werden Kinder im Hubert-Vootz-Haus in Viersen jeden Montag zu Köchen und lernen, warum eine Gemüsepfanne mit Nudlen besser ist als die Pizza aus der Tiefkühltruhe.

"Wer von euch möchte denn das Gemüse schneiden?", fragt Melin Kiran die acht aufgeregten Kinder, die vor ihr am Tisch im Viersener Hubert-Vootz-Haus sitzen. Sofort schnellen alle Finger nach oben: "Ich, ich, ich!" Einige von ihnen waren schon öfter dabei, andere erfahren heute zum ersten Mal, wie viel Spaß Kochen machen kann. Denn genau das ist das Ziel des Kinderkochclubs: ein gewisses Bewusstsein für Lebensmittel zu entwickeln. Zu zeigen, dass es nicht immer die Tiefkühlpizza sein muss, wenn es mal schnell gehen soll. Und um zu zeigen: Kochen ist nicht schwer.

Die 29-jährige Melin Kiran ist eigentlich Alltagspflegerin für ältere Menschen mit Demenz. Durch ihren Freund, Theaterpädagoge im Hubert-Vootz-Haus, und die Leidenschaft zum Kochen wurde sie Leiterin des Kinderkochclubs. Voller Freude erklärt sie nun den Kindern, wie man am besten die Zwiebeln schneidet, was am Herd beachtet werden muss oder wann die Sahne fertig geschlagen ist. "Ich achte darauf, dass wir recht einfache Gerichte kochen, bei denen immer jeder etwas zu tun hat", erklärt sie und ergänzt: "Durch meine Herkunft werden wir zum Beispiel auch orientalisch kochen. Das ist noch mal was Neues für die Kinder." Unterstützung bekommt sie von Foaz Alshaher, der eigentlich Lehrer ist und nach Deutschland flüchtete. "Guck mal, die lässt sich nicht schneiden", sagt ein Mädchen und schaut verwirrt auf das Messer, das in einer Möhre feststeckt. "Na, du hast ja auch das Messer falsch rum. Schau her, mit der Schneidefläche ist es ganz einfach", erklärt Foaz geduldig und lächelt.

Doch auch die Kinder helfen sich gegenseitig. "Vorsichtig, nicht ans Auge gehen", schallt es laut durch den Raum. Eine der Neuen schneidet gerade Zwiebeln und will sich die Augen reiben. "Wenn du das machst, musst du weinen", rufen ihr die anderen zu. Foaz und Melin müssen schmunzeln und werfen einen lobenden Blick in die Runde. Irgendwie hat man das Gefühl, dass sie ganz schön stolz auf ihre "Kochkinder" sind.

Dass das Kochen mit Kindern im Hubert-Vootz-Haus so groß geschrieben wird, liegt an der Geschichte des Hauses. "In den 90er- Jahren wurde hier täglich frisch für Kinder gekocht. Das war ähnlich wie ein Hort", erinnert sich Otto Strutz, Leiter des Hubert-Vootz-Hauses. Oft waren die Kinder dann bis zum Schluss im Haus, fanden dort ein zweites Zuhause, wenn Daheim vielleicht keine Zeit war, sich in dem Maße ums Kind zu kümmern. Doch um so etwas anbieten zu können, bedarf es Vorgaben und so wurde vor knapp 14 Jahren der Kinderkochclub als Gruppenangebot gegründet.

Blickt man auf die Wand in der Küche, entdeckt man sogar eine Kochclub-Urkunde. "Die haben wir bei einem Wettbewerb der AOK gewonnen. Es ging darum, Kinder stark durch Ernährung zu machen und zu zeigen, was gesund ist", erklärt Otto Strutz stolz. Nach und nach wurde die Küche im Hubert-Vootz-Haus renoviert. Die Wand zum Essraum wurde zum Beispiel durch eine offene Theke ersetzt, was den Raum größer und heller wirken lässt. Sogar ein moderner Gasherd ist dank einer Spende eingezogen.

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In einer kleinen Pfanne neben dem Gemüse brutzeln mittlerweile Zucchini vor sich hin. Viele der Kinder haben anfangs die Nase gerümpft, als die Frage aufkam, wer Zucchini mag. Doch auch das lernen sie hier: man sollte alles wenigstens einmal probieren. Dass das grüne Gemüse später auf fast allen Tellern landet und den meisten sogar schmeckt, wissen sie jetzt noch nicht.

Während das Wasser für die Nudeln anfängt zu sprudeln, tummeln sich einige am Spülbecken. Denn auch das gehört dazu und auch hier zeigen die "alten Hasen" den "Neuen", wie man den Teller am besten sauber bekommt. Einige decken den Tisch, andere haben sich zum Spielen zurückgezogen. "Das ist völlig in Ordnung, wir wollen ja niemanden zwingen", erklärt Melin und als es dann an die rote Grütze für den Nachtisch geht, stehen alle Kinder wieder motiviert in der Küche.
"Ich wusste gar nicht, dass Kochen so schön ist", sagt die siebenjährige Finja mit glänzenden Augen. Auch Yuliya ist begeistert und deshalb schon oft dabei gewesen. "Mittlerweile koche ich sogar oft zu Hause für die ganze Familie", berichtet die Achtjährige stolz. Im Eingang steht bereits ihre Mutter und beobachtet das wilde Treiben in der Küche lächelnd. "Ich finde dieses Angebot wirklich toll. Zu Hause habe ich einfach keine Zeit für so etwas", erklärt sie.

"Das hier ist eine Form der Bildung. Zwar nicht im schulischen Sinne, aber neben dem Kochen wird beispielsweise auch so etwas wie Gruppengefühl vermittelt, es entstehen Freundschaften aber auch Verantwortungsbewusstsein", erklärt Otto Strutz.

Kurze Zeit darauf sitzen alle gemeinsam am Tisch und genießen ihr selbst gekochtes Essen. Stolz berichten sich die Kinder, wer was gemacht hat, während Melin und Foaz lächelnd und zufrieden in die fröhliche Runde blicken.

(Report Anzeigenblatt)