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Kalle Wassong im Interview: Cool bleiben, Baby!

Kalle Wassong im Interview : Cool bleiben, Baby!

Karl-Heinz "Kalle" Wassong wird ab Mittwoch als neuer Bürgermeister die Geschicke in Niederkrüchten lenken. Jetzt besuchte er die Extra-Tipp-Redaktion in Viersen und sprach mit den Redakteuren Claudia Ohmer und Dirk Kamps über die Aufgaben, die jetzt vor ihm liegen - und er berichtete von einem besonderen Talisman.

Ein neuer Abschnitt beginnt für Sie, ein alter Abschnitt endet. Wie verläuft Ihr Abschied von Ihrem jetzigen Arbeitgeber?

 Kalle Wassongs Motto für seine Amtszeit: "Cool bleiben, Baby".
Kalle Wassongs Motto für seine Amtszeit: "Cool bleiben, Baby". Foto: Uebber

Von meinen Kollegen habe ich mich schon verabschieden können. Unabhängig von der Wahl hätte ich meine Tätigkeit als Präventionsbeauftragter gegen sexuelle Gewalt, die ich vier Jahre ausgeübt habe, beendet und mich neuen Herausforderungen im Bistum Aachen gestellt. Eine schwierige Thematik, bei der ich schon für einen guten Übergang an meine Nachfolgerin gesorgt habe. Mein Arbeitgeber hätte ein neues Einsatzgebiet für mich gehabt, ist aber auch froh, dass ich meine Erfahrungen nun in ein politisches Amt einbringen kann.

Nach Ihrer Wahl haben Sie viele Glückwünsche erhalten. Welcher war der überraschendste oder schönste?

Ich habe zwei Glückwünsche von prominten Niederkrüchtenern bekommen, die mich besonders gefreut haben. Beide haben mir geschildert, dass sie meinen Gegenkandidaten gewählt haben. Dennoch wünschten Sie mir alles Gute und gratulierten. Das finde ich eine ganz besonders gute Umgangsweise.

Was ist bis zu Ihrer Amtsübernahme noch zu erledigen? Gibt es eine klassische Amtsübergabe im Vier-Augen-Gespräch mit Bürgermeister Herbert Winzen?

Ein volles Programm gibt es momentan. Es gibt wichtige Gespräche, die wir vor der Übergabe führen müssen. Aber Herbert Winzen hat mir zugesagt, über seinen Abschied hinaus zu Gesprächen zur Verfügung zu stehen.

Was nehmen Sie mit in Ihr neues Büro?

Zuallererst natürlich das Bild meines Freundes, dem Künstler Kik, auf dem Ideen und Vorstellungen von Bürgern für Niederkrüchten visualisiert sind. Ganz wichtig ist mir auch eine Figur, ein entspanntes Krokodil. Das habe ich vor vielen Jahren von meiner Frau bekommen. Es steht für "cbb" - "cool bleiben, Baby". Was auch mitkommt, ist ein Bild der Kirche St. Bartholomäus, das mir Pfarrer Schweikert geschenkt hat. Das passt, denn wenn ich zukünftig im Bürgermeisterbüro sitze, habe ich zumindest zwei Pfarrkirchen unserer Gemeinde im Blick.

Was haben die Verwaltungsmitarbeiter von ihrem neuen Chef zu erwarten?

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In den ersten Tagen möchte ich meine Mitarbeiter kennen lernen. Ich möchte mich in ihren Büros bei allen persönlich vorstellen, denn ich bin "der Neue". Mir ist es wichtig, die Ideen, Wünsche und Erfahrungen der Mitarbeiter kennen zu lernen. Ich möchte ein offenes Ohr haben. Ich biete Struktur und Ordnung, aber auch Transparenz. Ich möchte die Mitarbeiter mitnehmen und bei Entscheidungen beteiligen. Partizipation ist mir wichtig.

Auf einen parteilosen Bürgermeister folgt ein parteiloser Bürgermeister. Sind Verwaltungschefs und Gemeindeoberhaupte ohne Parteibuch die bessere Wahl?

Das kann man nicht pauschal sagen, das ist sicher auch von Stadt zu Stadt oder Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Hier war es ja so, dass aus einer für die Wähler neuen Situation heraus, mit Herbert Winzen ein parteiloser Bürgermeister gewählt wurde, der sehr gut angesehen war und ist. Das hat mir vielleicht auch einen gewissen Bonus verschafft. Generell aber konnte ich schon im Wahlkampf feststellen, dass es nicht unbedingt eine Politikverdrossenheit gibt - eher eine Parteienverdrossenheit. Aber natürlich ist es für die Parteien auch schwierig, Leute, die über viele Jahre hinweg ehrenamtlich dort mitarbeiten sollen, an sich zu binden.

Was glauben Sie, wie wird die Zusammenarbeit mit Ihren bisherigen Kontrahenten verlaufen?

Das kommt drauf an, wo sich meine Kontrahenten zukünftig oder weiterhin engagieren. Natürlich habe ich mehr Berührungspunkte mit den Fraktionen. Trudis Jans ist eine meiner stellvertretenden Bürgermeisterinnen, da freue ich mich drauf. Mit Yvonne Jeurissen und Bennet Gielen gibt es Berührungspunkte durch das Bürgerbegehren und die Hilfs-Aktion, die sie ins Leben gerufen haben. Wir haben viele Themen vor uns stehen, da werde ich den Fraktionen die Hände reichen.

Das Thema "Flüchtlinge" ist das Bestimmende — was sagen Sie zu den Aufgaben, die Ihre Gemeinde zu schultern hat?

Ich möchte mit einer großen Sachlichkeit an das Thema herangehen. Es ist eines, das viele Emotionen hervor bringt. Als Gemeinde sind wir für 160 Flüchtlinge zuständig, weitere sollen uns, so die derzeitigen Informationen, nicht zugewiesen werden. Aber die Flüchtlinge in den Javelin Barracks sind das große Thema. Es reicht nicht zu sagen, dass wir hier nicht zuständig sind. Zuständig sind wir für die Ängste und Befürchtungen der Niederkrüchtener, insbesondere der 5.000 Elmpter. Ich werde mich aktiv einbringen, ich erwarte Antworten von der Bezirksregierung und insbesondere dem Betreiber. Zum Beispiel auf die Frage nach dem Sicherheitskonzept. Transparenz ist hier besonders wichtig. Die Kommunikation mit den Bürgern ist zu intensivieren. Es muss und es wird persönliche Gespräche geben. Als Bürgermeister möchte ich ansprechbar sein.

Javelin Barracks — hier geht es auch um ein Industrie- und Gewerbegebiet, das entstehen soll. Wie sehen hier die Planungen aus?

Wie der Bereich dort vermarktet wird, das hängt von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ab. Aber es ist ein falsches Zeichen, dort jetzt nichts zu tun, weil erstmal die Flüchtlinge dort untergebracht werden sollen. Das Gebiet bietet riesig viel Platz, und es sollten auch erste sichtbare Zeichen zeitgleich für Industrie und Gewerbe gesetzt werden. Da werde ich auch mit dem neuen Landrat und der Wirtschaftsförderung des Kreises kooperieren.

Dauerthema "Vollsortimenter in Elmpt" — vielleicht ein paar Sätze dazu.

Ich habe schon vor der Wahl gesagt, dass ich mich hier nicht positioniere. Wir werden jetzt den Bürgerentscheid abwarten und mit dem Ergebnis arbeiten. Für beide Varianten gibt es Vor- und Nachteile. Wichtig ist, die Versorgung in der gesamten Gemeinde sicherzustellen.

Generell: Welche Impulse möchten Sie in Ihrer anstehenden Amtszeit setzen?

Ich möchte einen Gesamt-Plan entwickeln - "Wo wollen wir in 20 oder 30 Jahren hin?". Wir haben eine Menge Potenzial, z.B. verborgene touristische Schätze - die hätte ich gern gehoben. Zur Verbindung Sport und Natur habe ich auch einige Ideen, z.B. Mountainbiking. In den Orten hätte ich gerne mehr Lebendigkeit, das betrifft den Einzelhandel, Treffpunkte und auch Gastronomie. Die Gemeinde ist zersiedelt. Die Orte sollen ihre Eigenarten behalten, aber eine größere Identifikation als eine Gemeinde würde ich mir wünschen. Auch die Kooperation mit den Nachbargemeinden Schwalmtal und Brüggen, aber auch mit den niederländischen Nachbarn ist wichtig. Ich setze auf das Westkreis-Trio. Ich bin ein Teamplayer. Man kann sich da auch mal größeren Herausforderungen stellen.

Thema Big Bass - wie schätzen Sie die Jugendarbeit in der Gemeinde ein? Bleiben Sie Vorsitzender des Big Bass-Fördervereins?

Ich bleibe Vorsitzender, da spricht auch nichts gegen. Die Jugendarbeit ist von besonderer Bedeutung. Ich wehre mich dagegen zu sagen: Jugend ist die Zukunft. Nein, Jugendliche sind die Erwachsenen der Zukunft. Jugend ist die Gegenwart. Für uns gilt, die ganzheitliche Situation zu betrachten. Denn in allen 16 Ortsteilen gibt es unterschiedliche Notwendigkeiten. Wichtig ist, die ehrenamtlich Engagierten, die Vereine zu stärken. Und wir müssen es auch als eine Aufgabe des Westkreises betrachten - es gilt Synergien zu nutzen.