„Wir lieben das Unfertige“

In Lobberich wird am 2. September ein ganz besonderes Jubiläum gefeiert: „50 Jahre Messen“ bedeutet nicht, dass erst seit 1968 Messen in der Alten Kirche gefeiert werden. Aber das Jahr 1968 markierte Wendepunkt und Aufbruch zugleich.

Schlagzeug, Trompete, Gitarre. Junge und Mädchen als Messdiener. Der Priester in „Zivil“. Als die Zeitungen 1968 von den ersten Messen dieser neuen Ära berichteten, blieb manch staunendem Christen die Spucke weg. Nein, das hatte es so noch nicht gegeben. „Es war völlig anders“, bestätigte Marianne Hauertz, die die Messen von Beginn an begleitete, „die Jugend hat die Gottesdienste vorbereitet, hat ihre eigenen Themen ausgewählt.“ Beat und Jazz in der Kirche – tolle Sache!

Die Ausstellung, die diese 50 Jahre in Bildern und Texten Revue passieren lässt und die mit viel Detailliebe von Ralf Schmeink vorbereitet wurde, steht unter dem Motto „Bleibt alles anders – Alte Kirche 1968 - 2018“. Bis zum Jahresende sind diese Zeitdokumente in der Alten Kirche zu sehen.

Die Wunden des Zweiten Weltkrieges heilten nur langsam. Als der Schutt mit unzähligen Schubkarren aus der Kirche herausgetragen wurde, zog praktisch gleichzeitig der Geist der 68er-Generation ein. Hier bot sich vor allem für die Jugend ein Raum zur Gestaltung, der Auseinandersetzung, der Möglichkeit zum Gespräch.

Die Alte Kirche, die wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt, wurde zu einer Heimat, zu einer „Bude“ für die Jugend, wie es Bastian Rütten, Koordinator und Leiter des Arbeitskreises der Alten Kirche formulierte „Und“, sagt er mit berechtigtem Stolz, „es hat bis jetzt 50 Jahre gehalten.“ Inzwischen haben die Generationen sich den Stab in die Hand gegeben, „und wir lieben es immer noch, im Unfertigen zu sein“, sagt Bastian Rütten und spricht damit nicht nur die Innenarchitektur der Kirche an.

In den 50 Jahren rissen die Diskussionen um die Kirche nicht ab. Das lag auch am Wirken der Kapläne – vom Schöngeist bis hin zum Pragmatiker – aber auch am Engagement der Christen, der Besucher und der vielen, vielen Helfer.

„Natürlich haben wir darüber gesprochen, was aus unserer Alten Kirche werden soll. Auch das Thema Grabeskirche stand im Raum. Aber nein, wir wollten das Leben in die Kirche bringen“, sagt Stefan Hauertz, der dem Förderverein vorsitzt. Inzwischen zählt der Verein rund 170 Mitglieder, die Zahl der Helfer liegt weit höher.

  • Die Family of Peace Gospel SIngers
    Kultur : Gospel in der Alten Kirche
  • Natalie O’Hara und Rene Steinke spielen
    Kultur : „Nur drei Worte“: Wenn Masken fallen
  • Der KALOBRHI-Chor aus Nettetal bei seinem
    Konzert : KALOBRHI-Chor: Nun also Brahms

Heute ist die Alte Kirche auch eine Kulturkirche. Neben den immer am ersten Sonntagabend im Monat stattfindenden Messen finden Lesungen, Konzerte oder auch Theateraufführungen statt. Das Motto steht für die Alte Kirche: „Gott. Mensch. Kultur.“ Gregor Gysi, Julia Neigel, Konrad Beikircher – die Liste der Gäste ist lang. Auch die der Pastoren, die sich von Aachen, von Essen, von Jülich, aus der ganzen Region auf den Weg nach Lobberich machen, um hier Messen zu lesen.

Nach den Anfängen 1968 hatte sich bald ein Chor gebildet. Die „Tonscherben“, der jetzige Chor der Alten Kirche, begleitet Messen und besondere Feiern, gibt auch auch eigene Konzerte.

(Report Anzeigenblatt)