Im Land der 1.000 Seen

Im Land der 1.000 Seen

Um es vorweg zu sagen: Eine Reise durch Masuren im alten Ostpreußen, das heute zum Nordosten von Polen gehört, ist eine Reise zurück in die Vergangenheit.

Wer hier - wie wir es getan haben - auf einigen der vielen Seen (konkret sind es sogar rund 3.000!) mit dem Schiff gefahren und per Rad durch die hügelige Moränenlandschaft gestrampelt ist, dem fällt zuerst die Stille in den weitläufigen Kiefern- und Fichtenwäldern und auf den riesigen Wasserflächen auf. Die Fahrt per Rad durch die kleinen Ortsflecken in Masuren mit ihren typischen kleinen Holzhäusern erinnert an das ländliche Deutschland vor 70 bis 80 Jahren.

 Unser Schiffchen, die MS „Classic Lady“: Ausgangspunkt der Radtouren (Foto oben), und die barocke Wallfahrtskirche Heiligelinde.
Unser Schiffchen, die MS „Classic Lady“: Ausgangspunkt der Radtouren (Foto oben), und die barocke Wallfahrtskirche Heiligelinde.

Masuren liegt recht weit im Osten, die Grenze zu Russland ist nicht sehr weit entfernt. Wir flogen von Düsseldorf nach Warschau und von dort aus weiter mit dem Bus mehr als vier Stunden zu unserem Ausgangspunkt.

Im Land der 1.000 Seen

Unsere Basis für diese Reise war die MS "Classic Lady", die uns auf dem Beldahn-See am Aktiv-Resort "Masurische Seen" in Piaski aufnahm und mit der wir eine Fünf-Seen-Schiffsreise auf der masurischen Seenplatte unternahmen, die wir jeweils durch Radtouren rund um die neu angefahrenen Seen ergänzten. So konnten wir am besten Land und Leute direkt vor Ort erleben.

Leider spielte am ersten Tag das Wetter gar nicht mit, so dass wir das Rad durch einen kurzfristig gecharterten Bus ersetzen mussten. Das war schade, hatte aber zur Folge, dass wir dadurch die Wallfahrtskirche Swieta Lipka (Heiligelinde) kennenlernten, die wir mit dem Fahrrad nicht erreicht hätten, weil sie abseits der geplanten Radroute lag. Diese schöne barocke Kirche ist auch deswegen einen Besuch wert, weil sie eine besonders prachtvolle Orgel besitzt. Diese hat nicht nur einen guten Klang, sondern kann mit ihren beweglichen Engeln und Sternen auch noch einen Mechanismus in Bewegung setzen, den man bei Orgelvorführungen genießt.

Weiter ging die Reise zur berühmt-berüchtigten "Wolfsschanze", dem ehemaligen Führerhauptquartier bei Rastenburg (heute Ketrzyn). Ein bedrückender Besuch in einem Bunker-Trümmerfeld, gut getarnt mitten in einem Waldkomplex. Von dort aus befehligte Adolf Hitler seine Truppen. An der "Wolfsschanze" wurde im Herbst 1940 mit dem Bau begonnen, am 20. November 1944 wurde sie aufgegeben. Hier fand das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 statt, das Oberst Schenk Graf von Stauffenberg ausführte. Eine Gedenktafel am Eingang zur "Wolfsschanze" erinnert daran.

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Wir verließen dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte und kehrten zu unserem Schiffchen zurück, das nur etwas mehr als 40 Passagiere aufnehmen kann. Weiter ging es in das "Masurische Venedig", das Kleinstädtchen Nikolaiken, das idyllisch zwischen dem Nikolaiker See und den Talter Gewässern liegt. Ein alter Ortskern, attraktive Hotels, eine Marina mit vielen Motor- und Segelbooten und eine hochmoderne, mit Mitteln der EU bezahlte Fußgängerbrücke machen die Stadt in der hier nur kurzen Sommersaison zu einem Anziehungspunkt in Masuren.

Die erste Radtour führt über Ryn (Rhein) mit seiner beeindruckenden Burg des Deutschordens nach Wilkassy, eine abwechslungsreiche Strecke über die Moränenhügel mit Höhen und Tiefen. Das Bild hielt sich auch die ganzen weiteren Tage so.

In Gizycko (Lötzen) bewunderten wir wieder eine historische Burganlage, die heute ein Sternehotel aufnimmt, und eine bis heute von Menschenhand gedrehte bewegliche Brücke. Eine schöne Marina, ebenfalls mit moderner Brücke, und eine vom berühmten Architekten Schinkel entworfene Kirche standen weiterhin auf dem Besichtigungsprogramm. Rund um den Goldapgar-See ging es über Possessern zum Schiff zurück.

Die MS "Classic Lady" brachte uns am nächsten Tag nach Szymonka. Von dort aus ging die Radtour nach Zondern.

In einem 200 Jahre alten Bauernhaus erzählte ein ostpreußisches "Mariellchen" in "janz breitem Ostpreißisch" Geschichten aus alten Zeiten, bei denen es viel zu Schmunzeln gab. Wir bewunderten ein reich ausgestattetes Museum mit Hunderten von Kaffeekannen und vielen alten Gerätschaften.

"Schwanensee" stand am kommenden Tag an: Dabei ging es aber nicht um große Oper: Der Lucknainer See ist ein UNESCO-Biosphären-Reservat mit 2.000 Höckerschwänen, während der Brutzeit die größte Schwanenpopulation in ganz Europa. In Popiellnen stand ein Besuch der Biberzucht und bei den Tarpanen, einer kleinen Pferderasse, die aus der einzigen europäischen Wildpferdrasse rückgezüchtet werden. Am nächsten Tag radelten wir nach Eckertsdorf, besuchten ein russisch-orthodoxes Kloster und unternahmen auf der kristallklaren Kruttina eine Stocherkahnfahrt.

Immer wieder brachte uns die MS "Classic Lady", deren Koch sein Handwerk verstand und auch das polnische Nationalgericht Bigos zubereitet, an einen anderen Standort. Von dort aus starteten wir über Sandpisten und durch Wälder unsere Radtouren, die nicht mehr als 55 Kilometer lang waren, die aber dank der bergigen Tagesetappen dennoch ein Herausforderung waren.

Die Landschaft in diesem Teil Ostpreußens ist außergewöhnlich und stillt die Sehnsucht zur Natur auf das Beste. Und unterwegs immer wieder wunderschön: die hübschen kleinen masurischen Häuschen und die vielen Storchennester auf den Dächern. Einfach eine Zeitreise in die Vergangenheit.

(Report Anzeigenblatt)