Keine Toleranz für „Handysünder“

Keine Toleranz für „Handysünder“

Deutlich mehr Unfälle als je zuvor auf den Straßen im Kreis Viersen - das ist eine Bilanz, die bedenklich stimmt. Die Polizei möchte dieser Entwicklung mit mehr Kontrollen entgegenwirken. Und setzt zudem auf Aufklärung.

Man könnte meinen, die Polizei hätte mit der extrem hohen Zahl von Einbrüchen genügend zu tun. Doch auch die Unfälle auf unseren Straßen machten der Polizei 2015 mehr zu schaffen, als je zuvor. Denn: Vergangenes Jahr gab es im Kreis Viersen 8 693 Verkehrsunfälle - so viele wie nie zuvor und gleich über 650 mehr als 2014.

Hauptursache für die Unfälle: überhöhte Geschwindigkeit. Landrat Dr. Andreas Coenen rechnet vor: „Geschwindigkeit ist der Faktor, der über Leben und Tod entscheidet. Bei 65 km/h sterben acht von zehn Fußgängern, die angefahren werden. Bei 50 km/h überleben acht von zehn Fußgängern, die angefahren werden. Die typische Ausrede ’Ich war ja nur ein bisschen zu schnell’ ist damit mehr als deutlich entkräftet.“

Um dem Problem Herr zu werden, hat die Polizei angekündigt, in Zukunft besonders an den neuen Unfallschwerpunkten verstärkt zu kontrollieren. „Das Motto hierbei lautet: ’Prävention durch Repression’ - wer denkt, die Polizei solle sich lieber um andere Dinge kümmern, dem sei gesagt: Wir zählen 2015 elf Tote auf den Straßen im Kreisgebiet. Tote, weil Menschen im Straßenverkehr unachtsam waren. Wenn wir elf Morde im Kreis hätten, würde sich niemand beschweren, wenn wir elf Mordkommissionen bilden würden. Für den Toten ist es unerheblich, ob er ermordet, oder im Verkehr abgeschossen wurde“, sagt Polizei-Abteilungsleiter Manfred Krüchten. Ein weiteres Mittel sind Vorschläge seitens der Polizei an den Straßenbauträger -sprich das Land NRW oder den Kreis Viersen. Dazu Joachim Walther-Schmückes von der Polizei Viersen: „Gegebenenfalls müssen Ampelschaltungen überprüft werden oder Verkehrsschilder von Wildwuchs befreit werden. Die Vorschläge können auch bis zu einer baulichen Veränderung reichen.“

Dabei wird die Polizei aber nicht nur die Geschwindigkeit überprüfen. Auch „Handysündern“ soll mit einer Null-Toleranz-Politik begegnet werden. „Wir merken schon einen Anstieg der Unfälle, weil der Fahrer durch sein Smartphone abgelenkt ist. Oft haben wir bei der Unfallaufnahme aber leider auch nur den Verdacht, dass der Fahrer wegen der Benutzung seines Smartphones abgelenkt war. Aber beweisen können wir das nur selten.“ Eine Gruppe, die besonders „Smartphone-affin“ ist, ist die der 18- bis 24-Jährigen: In dieser Gruppe gab es in der Verkehrsunfallstatistik der Polizei auch das größte Wachstum in der Kategorie der Verunglückten. Insgesamt 207 junge Erwachsene waren 2015 in einen Unfall verwickelt. Dazu Manfred Krüchten: „Hier setzt die Polizei mit ihren Crash-Kursen an. Dort berichten Polizisten, Sanitäter und Angehörige von Verkehrsopfern über ihre Erfahrungen.“

Diese Veranstaltungen zeigen Wirkung, sagt Joachim Walther-Schmückes: „Anfangs sind die jungen Erwachsenen meist sehr cool, nach dem Motto: ’Was will der mir schon erzählen’. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man die Stechnadel fallen hören kann. Viele gehen nachdenklich aus dem Crash-Kurs und überdenken ihr Fahrverhalten.“ Ansetzen müsse man aber bereits viel früher, betont Manfred Krüchten: „Ein großes Problem sind auch so genannte ’Helikopter-Eltern’, die ihre Kinder am liebsten mit dem Auto direkt ins Klassenzimmer fahren - ganz nach dem Motto: ’Meinem eigenen Kind geht es gut, aber die Kinder links und rechts sind mir egal’. Außerdem erweisen sie ihren Kindern Sachen Selbstständigkeit einen Bärendienst.“ Auch hier setzt die Polizei auf Aufklärung durch ihre Verkehrssicherheitsberater bereits im Kindergarten. „Die Erfahrung zeigt, dass zu diesen Veranstaltungen aber häufig nur die Eltern kommen, die ohnehin schon einen reflektieren Umgang mit dem Thema haben“, sagt Manfred Krüchten.

(Report Anzeigenblatt)